EcoFolk.
Zur Agentialität (über-)natürlicher Entitäten in deutschen Mittelgebirgen.

In unserem durch die VolkswagenStiftung im Format „Aufbruch“ geförderten Projekt werden die lokalen Sagen- und Märchenbestände deutscher Mittelgebirge sowie die darin geschilderten (über-)natürlichen Figuren auf ihr ökologisches und kulturpoetisches Potential hin untersucht. Diese Texte wurden im frühen 19. Jahrhundert unter anderem durch die Brüder Grimm gesammelt und werden in den gegenwärtigen Literaturwissenschaften tendenziell geringgeschätzt, sind jedoch in populären Kulturen umso wirkmächtiger.

Als Untersuchungsräume des Projekts dienen drei deutsche Mittelgebirge: der Harz, der Schwarzwald und das Erzgebirge. Die Wanderungen können jedoch auch in anderen Mittelgebirgen stattfinden und sind nicht fest an die drei genannten gebunden. Unser Ziel ist es einerseits, die historische Genese und die Einflüsse epistemischer Formationen nachzuvollziehen, um zu zeigen, welche Transformationen Figuren und Mythologeme im Zuge der fortschreitenden Rationalisierung und Ökonomisierung des Mensch-Natur-Verhältnisses durchlaufen haben. Andererseits sollen die (über-)natürlichen Entitäten der Sagen und Märchen in gegenwärtigen Inszenierungen von Naturräumen erforscht werden, um nachzuvollziehen, wie sie als Garanten unbeeinträchtigter Naturräume gerade dort genutzt werden, wo die Schäden durch Raubbau, Missmanagement und Klimaveränderung besonders deutlich sind.

Das Projekt bedient sich der Methoden einer historisch orientierten Philologie sowie der Ökokritik und zielt neben der Arbeit an Texten auf die Untersuchung gegenwärtiger Praktiken vom lokalen Naturmarketing bis zur folkloristischen Festkultur (Fasnacht, Walpurgisnacht).